Werden Sie schlagfertiger!
- Dienstag, 9. August 2016
Wer schlagfertig ist, hat einen grossen Vorteil. Mit einer passenden Bemerkung auf den Lippen können Sie nicht nur Ihre Interessen wahren, Sie setzen sich besser durch, können unfaire Angriffe abwehren, Konflikte entschärfen und peinliche Situationen vermeiden. Und wenn die Antwort gut ist, haben Sie auch die Lacher auf Ihrer Seite.
Jeder Mensch kennt die Situation: Man wird kalt von irgendeiner Frechheit überrascht und will etwas antworten. Der passende Antwortsatz, der dem anderen deutlich macht, dass Sie sich nicht alles gefallen lassen, fällt einem einfach nicht ein – zumindest nicht dann, wenn man ihn dringend bräuchte.
Um das nächste Mal nicht wieder in diese Situation zu geraten, sind – neben Übung – zwei Dinge nötig:
(1) Zu wissen, wie solche Blockaden entstehen und was man dagegen tun kann und
(2) Eine gezielte Vorbereitung auf solche Situationen.
Der erste Schritt zu mehr Schlagfertigkeit ist das Verständnis dafür zu entwickeln, warum wir in einer solchen Situation so hilflos reagieren. Durch einen unvermittelten Angriff werden wir überrascht und denken vielleicht „Wie kann der oder die nur?“ „Warum sagt er oder sie so etwas?“ Hinzukommt, dass unsere Standardverhaltensmuster nicht greifen. Sie beginnen nachzudenken, was Sie in der Situation am besten sagen könnten. Gleichzeitig setzen Sie sich unter Zeitdruck, schnell eine passende Antwort parat haben zu müssen. Wir geraten unter Stress – häufig noch verstärkt dadurch, dass die Beteiligten darauf warten, wie man in der Situation reagiert. Je mehr wir uns unter Druck setzen, umso grösser der Stress und umso stärker die Blockade. Kurz: Sie werden denkunfähig, fühlen sich ausgeliefert und schwach. Erst wenn Sie aus der Situation herauskommen, erhalten Sie Ihre Souveränität zurück und eine passende Antwort kommt von alleine.
Diese Blockade können Sie durchbrechen, indem Sie sich darauf einstellen, dass Sie ab und zu – beruflich oder privat – mit einer solchen Situation zu tun haben werden. Nicht nur Sie fühlen sich überrumpelt – anderen geht es genau gleich!
Dann legen Sie sich – wie es die Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan nennt – einen „Aufprallschutz“ zu, d.h. Sie bauen eine Art Schutzschild auf, der verhindert, dass Sie verletzt werden. Diesen Schutzschild können Sie sich beispielsweise wie eine Glocke aus Panzerglas vorstellen. Sie können die ganze Situation beobachten, Sie sehen und hören alles, es kann Ihnen mit Ihrem Aufprallschutz jedoch nichts passieren. Stellen Sie sich Ihren Schutzschild so konkret wie möglich vor!
Um den Schutzschild zu verstärken, bietet sich an, diesen noch mit einem passenden Satz zu stärken: „Das trifft mich nicht!“
Jetzt geht es um die passende Reaktion. Wichtig ist, dass Sie sofort reagieren können – quasi reflexartig. Zeit zum Überlegen haben Sie nicht, sonst ist die Situation vorbei. Die beste Replik ist nichts wert, wenn sie Ihnen zu spät einfällt. Aus diesem Grund ist es wichtig sich vorzubereiten. Ja, Sie lesen richtig – man kann sich vorbereiten, um schlagfertiger zu werden. Im Folgenden werde ich Ihnen ein paar Techniken vorstellen, die im praktischen Einsatz sehr effektiv sind:
(1) Einfach irgendetwas antworten: Denn ehe Sie gar nichts sagen, sollten Sie irgendetwas antworten – auch wenn es unsinnig ist. Die Erfahrung, dass Sie nicht das schweigsame Opfer waren, wird Ihr Selbstbewusstsein stärken.
Beispiele:
- „Ich werde Ihre Bemerkung einfach überhören.“
- „Sie erwarten hoffentlich nicht, dass ich das kommentiere.“
- „Wenn ich dazu etwas sagen soll, bekomme ich Kopfschmerzen.“
(2) Erklären Sie, dass Sie den Sprecher nicht verstanden haben: Hier machen Sie deutlich, dass die kränkenden Worte gar nicht bei Ihnen angekommen sind. Um die folgenden Aussagen gut rüberzubringen, braucht es eine gewisse Portion Sarkasmus.
Beispiele:
- „Haben Sie gerade irgendetwas gesagt?“
- „Muss ich verstehen, was Sie da gerade gesagt haben?“
- „Erklären Sie das doch nochmals in eigenen Worten!“
(3) Vorgewürzte Sätze: Hierbei handelt es sich um vorbereitete Standardformulie-rungen, die in möglichst vielen Situationen angewendet werden können. Der Vorteil dieser Sätze ist, dass Sie sich längere Überlegungen ersparen und so die Blockade umgehen. Legen Sie sich ein Repertoire von 10 bis 15 Sprüchen zu. Anregungen bekommen Sie in Büchern für „freche Sprüche“, Filmen und Talksendungen...
Achten Sie bei der Auswahl darauf, dass
- die Sätze kurz und prägnant sind,
- es sich um allgemeine Aussagen handelt, die überall passen,
- Sie den Angriff zurücklenken („Sie sind mein Vorbild!“) oder deutlich machen, dass Sie nicht gewillt sind, sich damit auseinanderzusetzen („Wenden Sie sich doch an meinen Steuerberater“).
Beispiele:
- „Mit der Nummer sollten Sie im Fernsehen auftreten!“
- „Können Sie das auch rückwärts?“
- „Da Fragen Sie meinen Treuhänder, Fitnesstrainer, Gärtner...“
- „Und sonst haben Sie keine Probleme?“
- „Quatschen Sie noch oder denken Sie schon?“
(4) Treffende Zitate: Manchmal kann auch ein Zitat hilfreich sein – wenn es sitzt! Legen Sie sich am besten einen Fundus an Zitaten von Politikern, Schriftstellern, Fussballtrainern, Fernsehmoderatoren, Wirtschaftsgrössen zu.
Interessant wird es, wenn Sie eine Person zitieren, die mit Ihren Aussagen einen gewissen Kontrast zu Ihren Ansichten bildet. Vorteil von Zitaten gegenüber „vorgewürzten Sätzen“ ist, dass Sie nicht selber die Aussage machen, sondern auf eine andere Person zurückgreifen – sozusagen als Autorität. Gleichzeitig gewinnen Sie Abstand von der Situation, indem Sie plötzlich Woody Allen, Winston Churchill, Günther Jauch, Erich Kästner oder Joachim Ringelnatz zitieren. Gleichzeitig machen Sie einen souveränen Eindruck, wenn Sie es nicht übertreiben.
Beispiele:
- „Man muss die Tatsachen kennen, bevor man sie verdrehen kann.“ – Mark Twain
- „Der Mensch hat mehr von einem Affen, als so mancher Affe.“ – Friedrich Nietzsche
- „Nichts kann existieren ohne Ordnung. Nichts kann existieren ohne Chaos – Albert Einstein
- „Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigsten den Rasen kaputt – Rolf Rüssmann (ehemaliger deutscher Nationalspieler)
- „Im Leben wie im Fussball, kommt man nicht weit, wenn man nicht weiss, wo das Tor [Ziel] ist.“ – Arnold H. Glasow (ehemaliger US-amerikanischer Humorist)
- „Niemand, der jemals sein Bestes gegeben hat, hat es später bereut.“ – George Halas (ehemaliger Fussballspieler und Trainer)
(5) Spielverderber: Nicht immer müssen Sie mit Geistesblitzen punkten. Auch das Gegenteil – ein langweiliger Kommentar – hat vielfach ähnliche Wirkung. Das Gesagte prallt einfach an Ihnen ab! Vorteil dieser Spielverderber ist, dass sie sich durch häufigen Gebrauch nicht abnutzen! Vielmehr wirken Spielverderber besser, umso beharrlicher Sie sie einsetzen. Die klassischen Spielverderber, die viele noch aus dem Kindergarten kennen sind:
- „Schön für Dich!“
- „Schon o.k.!“
- „Kann man nix machen!“
- „Sie kennen sich aus!“ bzw. „Sind Sie da Experte?“
- „Sie tun ja fast, als ob das was Schlimmes wäre!“
- „Ich habe kein Problem damit!“
Beispiele:
- „Ihr Anzug passt gar nicht!“ Sie finden mein Anzug passt nicht? Schön für Sie!“
- „Sie wissen ja gar nicht, was Sie da reden!“ „Sind Sie da Experte?“
- „Ihre Leute tanzen Ihnen auf der Nase herum!“ „Sie tun ja fast so, als ob es etwas Schlimmes wäre.“
- „Mit diesem Vorschlag machen Sie sich lächerlich!“ „Ich habe kein Problem damit.“
(6) Den Messerstich umkehren
Diese Taktik kommt bei üblen Unterstellungen zum Einsatz. Es geht hierbei darum, die Angriffe abzuwehren, umzudrehen und gegen den Angreifer zu richten. Sie gehen dabei in zwei Schritten vor:
(1) Sie müssen klarstellen, dass die Unterstellung nicht zutrifft. Regen Sie sich nicht auf, aber nehmen Sie die Sache auch nicht auf die leichte Schulter. Sachliche Kälte ist hier gefragt!
(2) Lenken Sie die Unterstellung zurück an den Urheber.
Beispiele:
- „Sie sind doch ein Frauentyp, der jedem Rock hinterher schaut!“ „Nein das habe ich nicht nötig – im Gegensatz zu Ihnen.“ Oder
- „Dass Sie mir das unterstellen, zeigt in welchen Kategorien Sie denken.“
Wie humorvoll, frech, hart oder auch aggressiv Sie sich zur Wehr setzten, hängt von den Rahmenbedingungen ab. Achten Sie auf Ihr Gespür dafür, was Sie dem Gegenüber in der jeweiligen Situation zumuten können. Achten Sie dabei insbesondere auf folgende Faktoren:
- Abhängigkeitsverhältnis: Bei Personen, von denen Sie abhängig sind, sollten Sie sich zurücknehmen.
- Schärfe des Angriffs: Auf eine harmlose Stichelei sollten sie weniger hart reagieren, als wenn Sie jemand blossstellen möchte.
- Humor des Gegenübers: Bei Menschen mit wenig Humor sollten Sie vorsichtiger umgehen.
- Stärke des Kontrahenten: Bei intellektuell unterlegenen Personen sollten Sie milde sein und Ihren Humor nutzen.
- Publikum: Findet der Schlagabtausch vor Publikum statt, überlegen Sie, was für Sie grössere Bedeutung hat: die Beziehung zu Ihrem Gegenüber oder die Sympathie des Publikums.
Schlagfertigkeit sollte immer ein Mittel sein, um die eigene Souveränität wiederherzustellen sowie nachhaltig zu stärken und darf nicht dazu dienen, um andere in die Ecke zu drücken oder einzuschüchtern. Wer die Fähigkeit dazu nutzt, sich über andere zu stellen, wird über kurz oder lang mit der Abneigung seines Umfeldes zu kämpfen haben. Geschickt gegen „Ellenbögler“ eingesetzt, dürfen Sie jedoch mit der Sympathie Ihrer Mitmenschen rechnen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen „treffsicheren Konter“!